Dienstag, 22. Juli 2025, 14:04
 

Der Sex der Anderen – eine 360 Grad Betrachtung

 

Kürzlich wurde der Artikel „Wenn Frauen keinen Sex wollen“ gepostet. Beim Anklicken bemerkte ich sofort die parallele Erwähnung von zwei unterschiedlichen Titeln, für den gleichen Artikel, was bei mir Verwunderung und Neugierde auslöste. Fürs Online Angebot wurde der Titel „Wenn Frauen wollen wollen“ gewählt, was mir nicht zu einer eindeutigen Erkenntnis verhalf. Bei „wollen wollen“ vermutete ich spontan eher, dass Frauen „mehr Haushaltsgeld und eine eigene Kreditkarte“ wollen. Dagegen steht der plakative Aufhänger der Print -Ausgabe „Wenn Frauen keinen Sex wollen“ für eine klare Botschaft, die weder gegoogelt  noch in Wikipedia nachgeschlagen werden muss.

Wenn die Redaktion für die gleiche Geschichte zwei Titel verwendet, muss es doch einen Grund geben, grübelte ich los. Wenn die real Magazinleser aggressiv zum Sexartikel hingeführt werden, während sich der Online Titel harmlos und missverständlich liest– siehe meine Interpretation – kann man davon ableiten, dass die Redaktion basierend auf Leserbeobachtung die Worte gekonnt auswechselt, um unterschiedliche Lesesegmente mit abweichenden Methoden zum Lesen zu bringen. Printleser muss man beim Blättern abfangen, was mit .... Sex wollen ....erreicht wird. Blogger, Surfer und andere iUser dagegen, lesen dagegen ständig .... du Sex wollen ... und nehmen dann Reissaus, damit sie nicht von ihrer  liebsten Beschäftigung abgehalten werden, welche kurz und bündig mit ... wollen wollen ... umschrieben werden kann. Die Nomaden im Netz sind ruhelos, immer unterwegs. immer auf der Suche ... nach etwas Unbekanntem, das sie nicht beschreiben können, weil sie noch nicht wissen, was sie eigentlich wollen. Doch wollen, wollen sie schon.. sind sie doch wie Major Tom..

Habe Charly gefragt, warum er den Artikel verlinkt hat? Charly meinte, er sei ja vom Thema nicht betroffen, verstände auch quer Beet nicht die Probleme und die Hinweise zum stressfreien Sexleben. Aber genau dies sei der Grund für das Posten. Es ist ein besonderer Reiz etwas nicht zu verstehen und trotzdem als hilfreich zu begreifen. Der Artikel ist von einer Frau für Frauen geschrieben, damit die lesen können, es gibt keine Norm die befolgt, erreicht oder übertroffen werden muss. Genau diese Feststellung ist aber auch für Männer nicht unwichtig, holt sich doch mancher Mann seinen Burn-out nicht im Büro sondern im Bett, angesichts von Frauen, welche animiert durch die TV-Lernunterhaltung, Sex and the City, ihre tägliche Spassstunde einfordern. Der Kampf um Mitsprache bei der sexuellen  Selbstbestimmung war gestern, praktiziert wird heute die morgendliche Ankündigung von freudvollen Vorgaben zur Erfüllung nach Arbeitsschluss, wenn der Göttergatte oder sonstiger Partner als motivierter Leistungsträger zurück im Bett erwartet wird.

Harsch oder lieblich, je nach Zauberfee-Typ, wird den Männern aufgetragen, ihre Energie nur gebremst im Büro einzusetzen, damit schlichte Wunschkonzertvorgaben auf der Ebene von nachzuholender Gleichberechtigung, nach der Heimkehr gelebt werden können. Vorbei die Zeiten, wo Frau als Muntermacher für müde Männeraugen ihr Temperament – letztlich – nur selten andeuten durfte, und sich die weibliche Lustbefriedigung darauf beschränken musste, als glänzendes Accessoire bei Geld-Macht-Parties, die gierige Chamäleonaugen-Flexibilität der Männerwelt als mentale Streichelorgie zu geniessen. Die Frau von heute will mehr, die Frau von heute scheut sich nicht zu sagen, wann, wo und wie sie verwöhnt werden will. 

Das war ein kleiner Ausflug zu den psychischen und physischen Unwägbarkeiten, denen junge Männer heutzutage ausgesetzt sind, die sich in den angespannten Gesichtern der Männer im morgendlichen Pendlerverkehr zeigt. Gezeichnet vom Leid der ständig zunehmenden doppelten Leistungsvorgabe, in der Expertenterminologie als B+B = EPP bezeichnet (neudeutsch Business+Bed = Escalating Performance Pressure), sitzen die Pendelmänner freudlos und lustlos hinterm Steuer oder saftlos in öffentlichen Pendlertransportbehältern. Die Spuren die der Verkehr bei den Männern hinterlässt, sind sichtbar, machen den Betrachter nachdenklich. Ja, regen zum Heulen an, allein die pure Masse der Betroffenen bringt den neutralen Betrachter zur Vernunft, dass man sich das Heulen für andere sparen muss, denn wohin man blickt, man könnte ständig heulen.

Den Männern graut schon am frühen Morgen beim Gedanken, an den bevorstehenden Stoss-Verkehr am Abend. Aber sie wissen, es gibt kein Entrinnen. Da müssen sie durch, denn wer sich dem ganz normalen täglichen Verkehr entzieht, verspielt die Fähigkeit, Verkehr ohne Stress zu erleben. Die Angst vor dem Verkehr, kann Männer lähmen und gleichzeitig zu einer gefährlich hohen Herzfrequenz führen. Die daraus entstehende Eigendynamik löst einen Teufelskreis aus. Stress, Frust und keine Lust, die Energie mancher Männer fliesst schon früh in den Traum von der Frühpensionierung.

Nachdem jetzt genügend dargelegt ist, dass es nicht nur Frauen gibt die keinen Sex wollen sondern es gegengleich auch ein grosses Segment von Männern gibt, die immer müssen sollen obwohl sie zuhause nicht Sex wollen, besteht der Verdacht, dass man ein 75 Prozent Fehlerrisiko eingeht, wenn man (n) / frau beim Anblick von Unbekannten eine treffende Kategoriezuordnung vornehmen will, welche die Person korrekt den Einheiten - sollen, wollen, dürfen und müssen – zuordnet.

Sex und Erotik sind allgegenwärtig im Alltag, unabhängig davon ob das Buchstabenfutter im real Life oder im Cyberspace gesucht und konsumiert wird. Deswegen mag es völlig überraschen, wenn ich hier meine kurzfristigen Zweifel erwähne, ob denn überhaupt noch eine nennenswerte sexuelle Aktivität in der Selbstverwirklichungsgesellschaft stattfindet!

Wer an dieser Stelle leer schluckt, sollte gerade deshalb diese nicht immer einfache 360 Grad Betrachtung zum Sex der Anderen, von der Seitenlinie aus betrachtet, fertig lesen. Wenn Sie auf eine der zwei folgenden Möglichkeiten eine ehrliche Antwort geben können, gehören Sie in jedem Fall zu jenen emotionalen Gewinnern, die nach dem Lesen mehr über den Sex der Anderen wissen und über den eigenen Sex in aufgeräumter Stimmung Nachdenken können.

Multiple Choice Auswahl:

a)     Sexuelle Aktivitäten sicher ja, meine Wünsche werden zum Glück auch wahr   

b)     Sexuelle Aktivitäten sicher nein, zum Glück weiss ich jetzt, ich bin nicht allein

Wie komme ich zur absurden Frage ob Sex zwischen den Geschlechtern überhaupt noch in grosser Zahl stattfindet? Die Antwort ist einfach. Addiert man die Schlagzeilen-Zahlen der Sex-Wissenschaft, sind meine Bedenken durchaus angebracht. Z.B.

  • Laut einer viel zitierten Studie von Soziologen der Universität Chicago sollen 43 Prozent aller Frauen unter geringer Libido leiden. Quelle: Magazin-Ausgangsartikel
  • Asexualität: Laut Wikipedia führte 1995 eine Studie in den USA zur Erkenntnis, dass 13 Prozent der Befragten diese sexuelle Präferenz haben. Die aktuelle Zahl dürfte viel höher liegen.
  • Personen die einen temporären Abschied von angebotenem und erduldetem Sex nehmen sowie Personen die einen endgültigen Abschied von unerwünschter Sexualität nehmen. Beide diese Gruppen bezeichnen sich nicht als asexuell.
  • Personen mit gelebter Homosexualität, Lesben und Schwule
  • Bisexuelle, Pädophilie, Personen mit Gewaltphantasien etc.

Beim Blick auf das mögliche Prozentpotenzial der aufgelisteten sexuellen Präferenzen, taucht schon die Frage auf, handelt es sich bei Personen mit Interesse an einer sexuellen Beziehung zu einer Person des anderen Geschlechts, letztlich um eine Minderheit in der Gesellschaft? Ist die Chance auf einen sexuell aktiven Menschen des anderen Geschlechts zu treffen, einem Sechser im Lotto gleichzusetzen?

Der Tagi-Magi Artikel ist diesbezüglich hilfreich. Die nüchternen Informationen räumen mit mancherlei Mär auf, dass man / frau mit der jeweils aktuell gelebten Präferenz zu einem Verhaltenssegment gehört, das ausserhalb der Norm liegt. Der Verdacht keiner „begehrten“ Norm zu entsprechen führt dazu, dass grosser Leidensdruck entstehen kann. Doch es gibt gar keine Norm.

Jetzt ist gelebte und/oder gewünschte Sexualität ein absolutes Tabuthema, zumindest wenn mehr als zwei Personen am Tisch sitzen. Der Gehalt, die Sex Frequenz und sexuelle Präferenzen gehören zu den Themen über die man nicht spricht und wird es dennoch getan, sind die verbreiteten Informationen relativ wertlos, denn bei Sex und Lohn wird fabuliert und gelogen, dass sich die Balken biegen. Selbst bei anderen Themen neigen Menschen dazu, Dinge zu beschönigen oder auch umgekehrt, schlechte Aussagen noch mehr zu übertreiben und zu verzerren, weil sie einen Mitleidseffekt erzielen wollen.

Dass man(n) / frau nicht öffentlich das eigene Sexleben zur Diskussion stellt finde ich richtig, denn das öffentliche Reden ersetzt ja nicht das notwendige persönliche Vieraugengespräch, wenn es denn eins braucht. Zur Vorbereitung kann ein offenes Gespräch mit dem Konterfei im Spiegel durchaus hilfreich sein.


Aktualisiert 02.07.2010 17.15
Aktualisiert 02.07.2010 13.35

02.07.2010, 03:33 von Relax-Senf | 1733 Aufrufe

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