Notenstein Gespräch 13.02.2013

«Die Finanzen der USA sind in einem schlechteren Zustand als jene Griechenlands» – so lautet das ernüchternde Verdikt unseres aktuellen Gesprächspartners, Laurence J. Kotlikoff, Professor der Ökonomie an der Boston University.

Berücksichtigt man alle zukünftigen Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand, so sind die tatsächlichen Schulden der USA gemäss unserem Gesprächspartner heute zwanzig Mal höher als die offiziell ausgewiesenen Zahlen. Ein Kollaps des Systems kann nur durch radikale Reformen, Steuererhöhungen und Sparmassnahmen abgewendet werden. Es ist allerdings fraglich, ob sich die Politik zu solch einschneidenden Schritten durchringen kann. Gelingt dies nicht, droht ein «Roter Abgrund» mit Zahlungsunfähigkeit, Hyperinflation, steigenden Zinsen und einem Einbruch des US-Dollars. Ein optimistischeres Szenario mit nachhaltigem Wirtschaftswachstum und moderater Inflation erscheint ohne Reformmassnahmen mittelfristig als unwahrscheinlich.

Im Gegensatz zur makroökonomischen Analyse sind an den Finanzmärkten derzeit keine Alarmzeichen in Sicht. Der amerikanische Staat kann sich zu rekordtiefen Zinsen refinanzieren und in den
Obligationen sind keine Inflationserwartungen eingepreist. Doch die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass die Märkte schnell und ohne Vorwarnung drehen können – darauf gilt es vorbereitet zu sein. Auch das Risiko eines «Roten Abgrundes» sollte auf keinen Fall vernachlässigt werden.

Notenstein Gespräch Volltext-Quelle