
Samstag, 2. Oktober 2010 Nach mehr als fünfzehn Jahren fahren mein Mann und ich wieder einmal die Gotthardroute, auf der Axenstrasse entlang des Vierwaldstättersees. Vor einer Woche hat es geschneit, und die Bergspitzen sehen aus wie überzuckert, das Wasser ist tiefblau. Kaum verwunderlich, dass Autos mit ausländischen Nummernschildern rege von den Ausfahrbuchten Gebrauch machen. Weiter Richtung Gotthard, durch die knapp 17 km lange Röhre. Als es sie und andere Ausbauten in den 60-er-Jahren noch nicht gab, dauerte die Fahrt ins Tessin gute sechs Stunden; aber nur, wenn man so fuhr wie mein Vater, der die Strecke in und auswendig kannte, genau wusste, wo man die Lastwagen - die in den Kurven der alten Passstrasse öfters zweimal ansetzen mussten - und andere langsame Fahrzeuge überholen konnte, und dies auch ausgiebig tat. Hatten wir dann endlich freie Fahrt, musste ich mal. Immer ganz dringend. Da kam Freude auf. Heute dauert die Reise zwei Stunden, und auch der stockende Kolonnenverkehr vor dem Tunnel ändert nichts daran. In Biasca, dem letzten grösseren Ort ganz am Anfang des Bleniotals, decken wir uns mit Frischwaren ein. Den Merlot del Ticino von der Cantina Sociale Mendrisio, gibt es heute noch mit der identischen Etikette, wie vor vierzig Jahren. Der schrie genauso „nimm mich mit, nimm mich mit“, wie der Ziegenkäse aus den umliegenden Tälern. Beim Bezahlen merke ich, dass mein Italienisch inzwischen ziemlich verkümmert ist, was mich aber nicht hindert, mich in diesem Landesteil, in dem ich gut die Hälfte meiner Kindheit verbrachte, heimisch zu fühlen. Eine alte, ausgelatschte Steintreppe führt hinauf zur alten Kirche. Auf einer Stufe liegt eine zusammengerollte Viper, Eidechsen huschen davon und hinter der Kirche stehen wunderschöne Kastanienbäume. Die Sonne scheint, es ist angenehm mild, die Winzer sind mit der Lese beschäftigt und wir steigen wieder in unser Auto, das uns ca. zwanzig Kilometer weiter ins Blenio-Tal, dem Lukmanier entgegen, und etwas in die Höhe bringt.
Wir wollen eine Wanderwoche machen und haben dafür ein Häuschen gemietet; aber nicht irgendeines. Zuerst sollte es ja das Maggiatal sein – bekannt für seine unzähligen Wanderwege. Da wir mit Buchen aber ziemlich spät dran waren, gab es nur noch 08/15-Unterkünfte, und das wollte ich nicht. Wenn in diese Gegend, dann in ein richtiges Rustico mit Steindach, oder dann lieber ein ander Mal! Auch im Verzascatal gab es nichts, was unseren Wünschen entsprach, und als wir die Uebung schon abbrechen wollten, tat ich einen allerletzten Click und – Bingo!
Jetzt stehen wir vor diesem schnuckeligen Knusperhäuschen in Castro, das in Natur genauso aussieht, wie auf dem Bild: ein kleines, liebevoll eingerichtetes Bijou, 45m2 Wohnfläche, mit Schieferboden, viel Holz und einem Kamin mitsamt zugehöriger Bank. Ideal für zwei Personen.
Die Wetterprognosen sind nicht besonders gut, sodass wir die letzte Wärme nützen wollen und uns mit Kaffee und Kuchen an den typischen Granittisch vor dem Häuschen setzen. Herrlich! Dann richten wir uns ein, mein Mann bringt das Internet zum Laufen und dank seinen Pyromanenkünsten haben wir knapp 22°. Mit Fleece-Jacke und –Schal lässt es sich auf der Cheminéebank wunderbar aushalten, die ich gleich zu meiner Kuschelecke erkoren habe.
27.10.2010, 00:05 von Karin |
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