FAZ.NET vom 8.4.2011

Die meisten Fehler begeht man mit dem Mund

Nepal ist nie nur eins, sondern immer eine Menge zusammen. Das Land hat nichts und doch so viel: die Schönheit seiner Natur, die Freundlichkeit seiner Menschen und eine Weisheit, die nur aus der Tragik geboren werden kann.

Von Eva-Maria Magel

Wir werden ins Grab sinken, ohne zu wissen, was der Bambus tut. Das heißt: Was er tut, das hören wir ganz genau. Aber wie soll man es nennen? Und wenn man noch so oft an den Pfaden oberhalb der Terrassenfelder entlangschlenderte, an denen der Bambus zu wachsen beginnt, man käme wohl nicht drauf. Es fehlt ein Wort. Dort, wo zwei oder drei Bambuspflanzen zusammenstehen, dringt das Sonnenlicht nur noch in kleinen Flecken durch die Büschel. Mit dem grüngefärbten Licht kommt von oben her ein Rascheln und Wispern, dort sitzen die Blätter wie lange Finger, mit denen der Wind leise scharrt. Unterdessen sinken, mit kleinen Seufzern, bräunliche Fetzen toter Bambusrinde zu Boden, an den Rändern gebogen wie Schriftrollen, deren Botschaften niemand entziffern kann.