Donnerstag, 28. März 2024, 18:27
 

Kronberg in Deutschland oder Zürcher Goldküste in der Schweiz - Die soziale Kluft ist allgegenwärtig

Mit Freude schwimme ich immer wieder gerne gegen den Strom, wenn mir die Berichterstattung zu pauschal daherkommt und dies die Medienkonsumenten zu einer angelesenen Überzeugungsmeinung verführt. Der Artikel handelt von Kronberg, einer Stadt die als Adresse auf der privaten Visitenkarte den aufgesuchten Dienstleistern in Frankfurt blitzartig signalisiert, dass höchste Aufmerksamkeit und Dienstbereitschaft angesagt ist. Kronberg, eine Wohnadresse die bei Domizilkennern der Reichen spontan und diskret alle Alarmlampen anschaltet. Kronberg riecht nach Geld und für Banker und andere Serviceanbieter kann das zum süssen Klingeln der Einnahmekasse führen.

Seit vielen Jahren pflege ich im feudalen Kronberg einen sehr geschätzten Netzwerkkontakt, welcher mich auf den Zeit-Artikel aufmerksam gemacht und gleichzeitig festgehalten hat, wie bedrückend es ist, in einer herrlichen Umgebung zuhause zu sein, die aber gleichzeitig auch die im Artikel beschriebenen Schattenseiten aufweist. Von „bornierten“ Zeitgenossen ist die Rede und ich spüre aus den wenigen Zeilen heraus die Betroffenheit einer Person, die ich seit Jugendzeiten kenne. Genau weiss ich es nicht, habe aber Grund zur Annahme, dass sie weder im Geschosswohnungsbau untergebracht ist, noch einen Multifunktions-Butler beschäftigt, welcher unter anderem für die Bedienung des Tors zum Grundstück zuständig ist. Dieser Aspekt wird erwähnt, weil die persönlich Sicht dadurch "entschärft" aus mittlerer Position erfolgt ist.  

Jetzt einfach in das Lamento einfallen, das die Kommentare auf der Zeit Homepage spiegeln, wäre zu einfach. Dafür habe ich mich nicht komplett und sorgfältig durch sechs Seiten Text gelesen.
Soziale Kluft -  Maria und Josef im Ghetto des Geldes – Zeit Online 26. Dez. 2011

Und dann habe ich an dieser Stelle im Dezember 2011 nicht mehr weiter gemacht. Sorry Bella in Kronberg.

Der obige Artikel hat ein grosses Echo ausgelöst und zu einer Podiumsdiskussion zwischen mehrheitlich wütenden Kronberg-Bürgern und den Undercover Journalisten der „Zeit“  geführt.
Armut in Kronberg – Abend der Harten Herzen – Zeit Online 10. Feb. 2012

Der Artikel hat mich motiviert den angefangenen Beitrag fertig zu stellen und die nachfolgend festgehaltene Sicht entspricht immer noch meiner Meinung vom Dez. 2011. Damals hat mich der Aufschrei in deutschen Landen nicht beeindruckt und genauso wenig tut es die abgehaltene Podiumsveranstaltung. Ich werde sarkastisch und lästere, wenn sich Personen erst dann pointiert zu Wort melden, wenn der dümmste Bauer den Mainstream Wind spürt und somit auch die Richtung feststeht, wo man Beifall erwarten – abholen kann.
  
Zwiespältige Gefühle waren das Resultat. Kronberg ist überall und dieser Selbsterfahrungstest wäre auch an der Zürcher Goldküste nicht anders ausgefallen. Jetzt will ich mich nicht einfach verstecken sondern bekennen, dass bei zwei Personen vor der Haustür zuerst die Alarmlampen angehen. Einzelne Personen finden immer wieder zum Relax-Haus, zu dem kein Gehweg und keine geteerte Strasse führen. Schweizer Bürger stehen selten vor der Türe und wenn, dann bitten sie um Spenden für Organisationen. Damit ich eine Spende prüfen würde, müsste es sich um eine mir bekannte Organisation handeln. Es wird bekanntermassen viel Schindluder unter dem Deckmantel der Nothilfe für Dritte betrieben. So habe ich jahrelang u. a. Weihnachtskarten von „Kinder in Not“ gekauft, bis Warnungen in den Medien auftauchten. Kürzlich konnte ich dann im Fernsehen die Initianten von „Kinder in Not“ sehen und insbesondere deren Fuhrpark bewundern. Mir lief das Augenwasser in Bächen hinunter. Die hatten was ich mir wünsche.

Viel häufiger als Schweizer stehen Menschen aus Osteuropa vor der Türe, die zwischen anständig und aggressiv nach Spenden Fragen oder auch Ware verkaufen wollen. Man wird dabei härter im Verhalten, in der Abwehr, auch weil am Arbeitsplatz im Haus die To-do-Liste wartet. Trotz der eher unerwünschten Unterhaltung, öffne ich die Türe. Nein, nicht als Spende williger sondern einfach berechnend, dass immer nicht ausgeschlossen werden kann, klingeln könnte nur der Vorwand sein um festzustellen ob im Haus weg von Verkehr und ohne Passanten Beobachtung, überhaupt jemand zuhause ist! Dann droht noch der grössere Frust und diesbezüglich gibt es einschlägige Erfahrung. Einbruch.

Die Hürde gegen spontane Spenden kommt ja auch daher, dass man ja mit Spendenaufrufen per Post bombardiert wird und mit jeder getätigten Spende nimmt der kommerzielle Bettelsegen zu. Das ständige kommerzielle Abschöpfen härtet schlicht auch ab. Das Schweizer Rote Kreuz steht auf meiner selbst bewilligten Standardliste. Als die jedoch vor Jahren anfingen, vermutlich gepusht von Direkt Marketing Spezialisten, mir monatlich einen herzzerreisenden Bettelbrief zu senden, habe ich die Post schon bald ungeöffnet weggeworfen. Das ist nur ein Muster. Frau Relax hat zusätzliche Präferenzen sowie Spende Vorlieben und nach jeder Spende wandert unsere Adresse – wohl gegen Geld – in zusätzliche Datenbanken und neue Hilferufe landen im Briefkasten.

Dabei hat es in der eigenen Umgebung - Organisationen, Familie - immer guten Grund zur Spende und Hilfe. Einen Beitrag gegen diese Not steht für mich immer an erster Stelle. Daher ist es aus meiner Sicht nicht eine genügend gültige Wertung, wenn die Hart- oder Barmherzigkeit allein daran gemessen wird, ob man vorgetragene Spendenbitten erfüllt oder eben auch nicht. Als Firmeninhaber erhalte ich auch Anrufe, wo von einem Beitrag für die Gewinntombola beim Polizeirelaxabend  bis hin zum erst- und einmaligen Sonntagsausflug fürs Vogel-Liesi, für alles geworben und gebettelt wird.

          Kronberg ist überall und dieser Selbsterfahrungstest wäre
          auch an der Zürcher Goldküste nicht anders ausgefallen.
          Genauso wenig in München / Starnberger See, Stuttgart /
          Killesberg oder Hamburg / Alster oder .... oder .... oder

  

Das Zeit-Projekt-Team hätte auch vor dem Test eine Skala definieren müssen, welche Sozialwerte - eiskalt bis einzelner Wärme-Sonnenstrahl - man kurz vor Weihnachten erwartet hat.  Ausserdem hätte das Journalisten-Obdachlosenpaar möglichst zeitnah - in einer typischen Normgemeinde – also mit von Kronberg abweichender Einkommens- und Vermögensstruktur - ebenfalls testen sollen. So zeigt das Resultat nicht viel mehr als eine vorhersehbare Erfahrung ohne zu belegen wie viel besser das soziale Gewissen der Geldärmeren Bevölkerung ist.

Versagt haben beim Test in Kronberg im Dezember 2011 insbesondere die Charity Veranstalter, die mit ganz wenig Intelligenz und mit einer Prise Herz im Peanuts-Bereich, zum Deutschland-Star vor Weihnachten hätten werden können. Wenn sich so ein Paar an eine Charity Veranstaltung verirrt, sollte ein echter Leader den Braten schnuppern können oder eben einfach im Rahmen von zur Schau gestellter Sozialkompetenz, Geben und Teilen belegen. Man hätte ja dem Paar ein paar gute Fragen stellen können, bevor man eine Entscheidung trifft. So hat bei allen Fragezeichen über den Wert der Journalisten-Übung, das Versagen der Charity Macher gezeigt, dass Charity nicht mehr als eine Selbstunterhaltungsform zur Selbstdarstellung als guter Mensch ist. Es darf richtig was kosten, vorausgesetzt wenn die soziale Umgebung es sieht. Und auch jene, die noch näher an der Sonne leben und denen man mit „grossen“ Spenden zeigen will, dass man es hat und der Aufstieg noch nicht beendet ist. Man feiert sich und seine offensichtliche Grosszügigkeit, die von den lokalen Medien hoffentlich gesehen und dargestellt wird.   

Kritik übe ich am Trick vom Hotelpersonal, mit falschen Hilfehinweisen die ungebetenen Gäste los zu werden und in die falsche Richtung zu senden.

An einer Stelle im Dezember Bericht, mokieren sich die Journis über die Annahme, dass eine barmherzige Hausbesitzerin die geheizte Klobrille vermutlich abputzte nachdem sie einem der Obdachlosen Bittsteller die Toilette zur Benutzung zur Verfügung gestellt hat. Diese Zeilen kamen bei mir gar nicht gut an. Für mich ist es eine selbstverständliche Routine, dass ich Klobrillen grundsätzlich immer abputze bevor ich mich setze und dies sowohl zuhause als auch auswärts. Auswärts braucht es selbstverständlich ohnehin eine gewisse Hygienestufe, damit Sitzen infrage kommt. Diese witzig gemeinte Zeilen im Artikel habe ich als Rohrkrepierer eingestuft.        

Wie am Anfang festgehalten, ich bin zu zwiespältigen Sichtweisen gekommen. Grund zum Mehr geben gibt es immer. Andererseits für den Einzelnen gibt es immer auch aus vielfältigen Gründen eine Grenze zum Mehr. Vielleicht wäre diese Grenze oft durchlässiger, nicht so absolut, wenn es nicht so viele Berichte zu immer mehr Missbrauch geben würde. Dass oft Normalverdiener tatkräftig mithelfen den vom Schicksal gebeutelten zu helfen, ist nicht neu und daher keine wertvolle Erkenntnis von Test in Kronberg. Bei den Spendenaufrufen zur Glückskette in der Schweiz, sind es nicht zuletzt die vielen kleinen Beträge, die letztlich den verfügbaren Spendenbeitrag gross und hilfreich machen.

Aktualisiert 14.02.2012 - 01.03

13.02.2012, 21:08 von Relax-Senf | 3843 Aufrufe

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