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Karriereweg

Selbstmarketing ist nötig!  Wo fängt die Lüge an?


Erfolgreiche Weggestaltung in der Arbeitswelt erfordert Wissen, Können, Wollen und eine gehörige Portion Gunst. Die Gunst der Stunde, die Gunst der Umstände, wird gemeinhin mit „Glück haben“ umschrieben. Doch Glück und Gunst sind zwei verschiedene Faktoren und BEIDE braucht es um aus einer unerwarteten – also nicht vorhersehbaren - Situation einen möglichen Karrierenutzen zu ziehen.

Beispiel: Robert Kubica, Formel 1 Pilot, ist am vergangenen Sonntag 06.02.2011 bei einem Rallyerennen in Italien so schwer verunglückt, dass zumindest sicher ist, dass er zu Beginn der Formel 1 Saison im März 2011, nicht hinter dem Lenkrad seines Lotus Renault F1 Boliden sitzen wird. Bei den ersten Testfahrten in Barcelona, hat Kubica Bestzeit erzielt.

Das Unglück von Kubica mutiert zum Glücksfall für einen anderen Piloten, der zu diesem Zeitpunkt keinen F1-Vertrag für die Saison 2011 hat. Der Glückliche kann ein Junger ohne F1-Praxis sein, er kann Testfahrer bei einem Team oder ein erfahrener Fahrer sein, jedoch seit Saisonende 2010 ohne Vertrag.

Jeder potenzielle Ersatzfahrer hat zuerst das Glück der Umstände, dass es für einen Pechvogel Ersatz braucht. Ausserdem spielt das Glück der Stunde eine Rolle, nämlich via Mobile erreichbar zu sein, wenn die erste Anrufwelle losschwappt um Ersatzfahrer für Tests einzuladen.

Nehmen wir, dass zwei Fahrer mit identischen Rundenzeiten gemessen werden, dann ist es nicht Glück sondern Gunst, welche aus gleichwertigen Konkurrenten einen Gewinner und einen Verlierer macht. Die Gunst des wirklichen Entscheidungs-Beeinflussers entscheidet über Sieg und Niederlage. Die Macht dieser Person kann auch den zweit- oder drittschnellsten der Testfahrten zum Sieger machen. Dann nämlich, wenn noch unterentwickeltes Potenzial wahrgenommen wird, während der eigentlich schnellere Fahrer das machbare Limit erreicht und glücklich überstanden hat.

Rennfahrer werden getestet, Journalisten müssen Probearbeiten beibringen, Architekten Selbstbetreute Projekte auflisten, IT Gurus kennt man und Hedgefonds Manager ebenso. Die grosse Masse der Arbeitnehmer bewirbt sich jedoch um eine Anstellung für Aufgaben, für die oft eine grosse Anzahl von Jobinteressenten zur Verfügung steht. Diese Konstellation führt zu einem Grundproblem und zwar auf beiden Seiten der suchenden Parteien. Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber legen dabei ein Verhalten an den Tag, mit dem das eigene Angebot – also Humankapital und Stellenangebot – in beschönigender Art und Weise zum Besten gegeben wird. Im Gegensatz zu beschönigenden Ausführungen im Arbeitszeugnis, betrachte ich beschönigende Angaben beim Abtasten für einen möglichen Arbeitsvertrag als normal und legitim. Nicht in Ordnung ist das eigentliche Lügen und dazu lassen sich beide Parteien auch hinreissen.

Mit dem Lügen bei Bewerbungen befasst sich ein Artikel in der der Handelszeitung vom 04.02.2010. „in der ganzen Welt nimmt es fast ein Drittel der Bewerber bei den Angaben zur bisherigen Tätigkeit mit der Wahrheit nicht so genau. In der Schweiz sind es «nur» 16 Prozent. Gelogen wird am meisten beim Gehalt und bei den Sprachkenntnissen. 18 Prozent beschönigen ihre Führungsfähigkeiten.“

Bei den Angaben zu Gehalt und Fremdsprachen ist Dummheit im Spiel, wenn mit falschen Angaben operiert wird. Es ist möglich und wird praktiziert, dass vor oder auch erst mit Vertragsausfertigung die Aufforderung erfolgt, eine Kopie vom Lohn bzw. vom angeblichen letzten tollen Bonus einzureichen. Eine aufgedeckte Lüge hat bei Führungskräften im Allgemeinen und Bankmanagern im Besonderen zur Folge, dass selbst ein bereits ausgestellter Vertrag Null und Nichtig werden kann, da eine solche Lüge das notwendige Vertrauensverhältnis von Anfang an beschädigt. Machen sie korrekte Angaben,  schärfe ich wechselwilligen Personen ein. Aber auch, sie dürfen verlangen was sie wollen, doch legen sie sich ihre Argumente zurecht, warum sie diesen Betrag wert sind.

Über den Umfang der verfügbaren Fremdsprachenkenntnisse, bzw. deren jobrelevanten Nutzen, muss sich Wechselwillige gute Gedanken machen, denn deren Qualität muss ja bereits im Bewerbungsgespräch bewiesen werden können. So wechsle ich dann auch schon mal mitten im Gespräch die Sprache, wenn Kenntnisse beschrieben werden, die nicht erkennbar als selbstverständlich vorhanden angesehen werden können.

Klar beschönigen Menschen ihre Führungsfähigkeiten. Da ist aber auch eine Portion Erfolgswille dabei, was nicht schlecht ist und somit nicht unbedingt als Lüge zu qualifizieren ist. Es liegt doch am potenziellen Arbeitgeber, sich nicht mit der Eigeneinschätzung und Eigenbeschreibung zufrieden zu geben! Nach einem ersten Interview muss man zumindest ein rudimentäres Einschätzungsgefühl für diese Fähigkeit haben, um zu entscheiden ob diese Person und ihre Fähigkeiten weitere Gespräche und eine vertiefte Prüfung der Mussfähigkeiten rechtfertigt oder eben nicht.

Unternehmen bzw. deren handelnde Gesprächspartner für Einstellungen sind leider nicht frei vom Lügenverhalten. Anders ausgedrückt, klar wird nicht gelogen aber es werden wichtige Informationen vorenthalten und verfälscht wiedergegeben. Man muss unbedingt eine Stelle besetzen ... oder ist versucht die ausgetretene Fachkraft durch einen Junior oder günstigen Lohnkostenfaktor zu ersetzen. Statt Sprachpraxis im Ausland reichen plötzlich fünf Jahre Abendschulkurse, die bei genauem Hinsehen mehr der sozialen Kontaktsuche als dem Aufbau von beruflicher Sprachkompetenz gedient haben.

Ja, es gibt viele Bewerber die ihre nie in ernsthaften Einsatz stehenden Führungsqualitäten falsch einschätzen. Es gibt aber auch Firmen die diese fehlenden Kenntnisse als genügend einschätzen. Firmen die verschweigen, dass in der Abteilung seit Jahren das blanke Chaos herrscht. Keine Struktur, keine Disziplin und wo es nicht mal eine Hühnerordnung gibt, ist der Aufbau einer Hackordnung alles andere als ein anstrebenswerter Führungsjob.

Fazit: Der Stellensuchende verkauft sich so gut er kann. Der Stellenanbieter muss prüfen was er kann.

Das Aufdecken von Ungereimtheiten, das Hinterfragen der Eigendarstellung und das Überprüfen von wichtigen alten Stationen für die neue Funktion, das sind unverzichtbare Schritte für eine erfolgreiche Kosten-Nutzen-Rekrutierung. Anstatt sich aufs wesentliche zu Konzentrieren, verbeissen sich Job Anbieter oft auf 25 und 35 Jahre alte Details. Warum hatten sie in den ersten 3 Monaten nach Ende des II. Weltkriegs keine Stelle? Warum haben sie sich vor 50 Jahren entschieden Bankangestellter zu werden? Die Motivation für eine Weltreise und die Weltreise selber, werden endlos beleuchtet, diskutiert und mit Zweifeln der sinnvollen Zeitverwendung versehen! So ein fauler Hund, es ist nicht auszuschliessen, dass der immer noch lieber Ferien macht als einer geregelten Arbeit nachzugehen.

Die wichtigste Zeit, z. B. die vier Jahre Kernkompetenz Demonstration vor der einjährigen Stellensuche wegen Betriebs-Verkauf, -Schliessung, -Fusion, Produktaufgabe etc. etc., wird zu oft mit sträflicher Fahrlässigkeit analysiert und bewertet.

Bewerber beschönigen. Arbeitgeber nicht weniger.

08.02.2011, 03:41 von Relax-Senf | 1981 Aufrufe

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