Donnerstag, 28. März 2024, 16:46
 

Geld beruhigt nicht immer!
Sogar „altes“ Geld kann reiche Zürcher um den Schlaf bringen


Innert weniger Tage beachtete ich drei Print-Artikel, die völlig unterschiedliche Informationen aufbereiteten und aus meiner Helikopter Perspektive trotzdem einen klaren Berührungspunkt haben. Es geht um Geld, um viel Geld und es ist dieses Schmiermittel für Herz, Seele, Nerven und Ego, das sich über Nacht vom Seelenbalsam zum Seelenstachel entwickeln kann.

Schlagzeilen machte vergangene Woche die Verhaftung des Anlage-Chefs der Personalvorsorge des Kantons Zürich. Die dort verwalteten BVG-Gelder dienen der Altersvorsorge von ca. 100 000 Versicherten und machen aktuell ein Vermögen von 23,5 Milliarden Franken aus. Das ist nicht nur eine eindrückliche BVG-Summe sondern auch ein Betrag, mit der die Personalvorsorge des Kantons Zürichs als äusserst attraktives Kunden-Betreuungs-Ziel auf dem Akquisitionsradar von hunderten von Dienstleister auftaucht. Bei der Suche nach Mandaten, bei der Suche nach Honoraren, wird mit harten Bandagen gekämpft, d.h. im Umgang mit der Konkurrenz. Weich und verführerisch wird dagegen mit dem Zielkunden „Personalvorsorge des Kantons Zürich“ umgegangen, wobei sich dieses flexible und besonders freundliche Verhalten ganz konkret auf die Schlüsselpersonen, d. h. auf die Entscheidungsträger beim Zielkunden fokussiert.


Was passiert ist, weiss ich nicht und die Staatsanwaltschaft hält sich bedeckt. Denkbar ist, bei gegebener Unschuldsvermutung, dass eventuell von den Akquirierenden Vorteile für den Fall angeboten worden sind, wenn es zu verrechnungsfähigen Mandaten kommen würde. Das ist eine durchaus gängige Praxis im B2B Segment, aber dann eine strafbare Handlung, wenn der Mandatsjäger damit nicht einen selbständigen Vermögensverwalter sondern unselbständigen  Pensionskassenchef ködert.

Der in Untersuchungshaft sitzende Anlage-Chef befindet sich bereits im Scheinwerferlicht, aber im noch dunklen Hintergrund gibt es zurzeit weitere Personen, die gegenwärtig wohl schwerlich einen guten und tiefen Schlaf finden. Das finde ich gut, weil das schlechte Gewissen zu einer Form von legaler Folterung führt. Na ja, dass aufwachende Moral zu Folter führt ist natürlich ein Irrglaube. Die Folter kommt von der Angst vor dem Auffliegen mit aller schlechter Publicity und weiteren Konsequenzen. Es wird passieren so sicher wie das Amen in der Kirche kommt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis  die Namen der Verführer und die Namen der von ihnen repräsentierten Firmen in den Medien erscheinen.  


Dass Menschen unterschiedlichen Versuchungen unterliegen, betrachte ich als normal und vor allem als nie und nimmer völlig verhinderbar. Je höher die Position und je grösser das Intelligenz-Ego, umso ungnädiger und schärfer mein moralisches Urteil. Wenn denn die Untersuchungen den Korruptionsverdacht bestätigen würden, dann muss ich sagen, dass der Strahlemann als Anlagechef nicht zurück auf den alten oder einen neuen vergleichbaren Posten darf, denn offensichtlich funktioniert sein Denkapparat ungenügend. In einer gut bezahlten öffentlich, rechtlichen Funktion, lässt man sich schlicht nicht schmieren.  Dies ist dumm und es ist immer nur eine Frage der Zeit, bis die Geschichte auffliegt. Dabei lohnt es sich für wenig Geld ohnehin nicht und bei viel Geld, ist das Auffliegen vorprogrammiert.


Wird alles schön versteuert, hat man ein Problem weniger (Wenn nicht, ist man ein Dummkopf und hat ein zusätzliches fettes Problem.) Bei korrekter Versteuerung ist es jedoch hinterher für die Fahnder kinderleicht, die Korruptionsspuren einfach und schnell zu dokumentieren. Elektronisches Banking und Mega-Daten-Speicher bei den Finanzdienstleistern verhindern schon lange das spurenlose Verschieben und Verschwinden von Geldern. Es ist nur eine Frage des zeitlichen Aufwands und alle noch so raffiniert angelegten Schmiertaktiken können Zug um Zug aufgedeckt werden. Dazu kommt, dass bei einer amtlichen Untersuchung der Verdächtige ja nachweisen muss, aus welchen Quellen seine Gelder kommen und mit welcher Begründung Summen geflossen sind!

Nur mit Bargeldtransaktionen ist diese Beweiskette zu unterbrechen, wobei dann die Nutzung intelligent und diszipliniert erfolgen muss. Ein unauffälliges Dasein gehört mit dazu. Wer jedoch das Geld nicht im Garten als Notgroschen vergräbt sondern zur Pflege von Status und Ego einsetzt, hat ein unlösbares Problem. Nachbarn, Freunde, Bekannte, Arbeits- und Sport-Kollegen, alle machen sich Gedanken über den gezeigten Wohlstand, wenn der vorgeführte Lebensstandard sich nicht mit dem „vermuteten“ Einkommen als angestellter Lohnknecht erklären lässt.


 

Alle die oben aufgezeigten Spielarten von Ego-, Verhaltens-, Auftritts- und Neid-Fallen haben jene reichen Zürcher nicht, die über „altes“ Geld verfügen, welches sie seit Generationen als Angehörige der Gesellschaftselite ausweist. Tadellose Moral, vorbildhaftes soziales Engagement sowie eine Blütenweise Weste betreffend die ordentlich versteuerten Werte in der Familienkasse. Alles ist in bester Ordnung und doch könnte für einen Teil dieser Vorzeigebürger die zelebrierte Gelassenheit „über Geld spricht man nicht, man hat es einfach“ bald unvorhersehbar heftig gestört werden.

Im Tages-Anzeiger vom 3. Juni 2010 habe ich einen Artikel beachtet, welcher korrekt und sachlich informierend festhielt, dass die Bank Clariden Leu ihren seit sehr langer Zeit heldenhaft betriebenen Widerstand aufgegeben hat und ihre Archive für die Sklavereiforschung öffnet.

Hoppla, was haben hehre Schweizer und zwinglianische Zürcher mit der menschenverachtenden Sklaverei zu tun. Nun bereits bekannt ist, dass die „Zinskommission Leu“ bis 1798 ein staatliches Institut war und kostenlos ihr Geschäftslokal im Rathaus unterhielt. Schon damals musste brachliegendes Kapital, also Kapital das einen Ertrag abwerfen sollte, angelegt werden. Mit dieser Zielvorgabe wurde in Aktien der französischen  Compagnie des Indes investiert, welche mit ihren Schiffen mehr als 45000 Menschen in die Sklaverei befördert hat. 

Die Reaktion des Historikers Hans Fässler:«Freude herrscht, weil Vernunft herrscht. Bisher herrschte die Bank.»

Die Reaktion des Historikers Hans Fässler:«Freude herrscht, weil Vernunft herrscht. Bisher herrschte die Bank.»
Bild: Keystone

Die Bank Leu, die vor wenigen Jahren in der Clariden Leu aufgegangen ist, hat sich seither mit aller Kraft gegen die Aufweichung des Bankgeheimnisses gewehrt und die Interessen der toten, aber lebendig honorigen, Zürcher vertreten, die ja wohl kaum wussten, dass mit ihrer Finanzierung eine Flotte von Schiffen zum Sklaventransport betrieben wurde. Jetzt musste die Bank klein beigeben, weil es die privatisierte Leu erst seit 1799 gibt, die Aktivitäten und der Gewinn rund um den Sklavenhandel jedoch bereits vorher – als eine Nebenaktivität der Stadt Zürich – angefallen ist.

Relax-Senf kann sich vorstellen, dass die Investition in Aktien der Compagnie des Indes unermesslich reiche Rendite abgeworfen hat, welche erklärt, warum es Sippen am Züriberg und an der Goldküste gibt, die seit jenen Tagen von den schwarzen Zinsen der Sklavenhandelsaktivitäten leben können :(!. Der St. Galler Historiker und Experte für Sklavereigeschichte - Hans Fässler - geht dieser Frage nach. Bald werden wir die Namen jener kennen, die seit der Tagi Meldung keinen gesunden Schlaf mehr finden. Die Zürcher, ihre Bank und die Sklaverei  


Um Geldträume geht es auch beim Artikel „Businessplan des Dolder Grand Hotel erweist sich als Luftschloss.“  Der Abschluss für 2009 weist einen Verlust von Fr. 33.1 Mio. aus. Vom schlechten Schlaf betroffen ist dort vermutlich das Management mehr als der 90 Prozent Eigentümer Urs Schwarzenbach, welcher im Banking und durch Forex Aktivitäten zu einem nicht genau bekannten Reichtum gekommen ist. Den Bau des Dolders hat er sich auf jeden Fall Fr. 500 Millionen kosten lassen. Eine anstehende und notwendige Kapitalerhöhung nicht eingerechnet. Der Aktionär wird bleiben. Ob, bzw. für wie lange dies auch auf das Management zutrifft, weiss wohl im Moment ausser Herrn Schwarzenbach niemand für sicher !!

Altes Geld, Neues Geld und kein Geld. Die Umstände sind verschieden, doch für Schlaflosigkeit sorgt Geld in den unterschiedlichsten Konstellationen.


Aktualisiert 09.06.2010 11. Uhr 55

09.06.2010, 03:14 von Relax-Senf | 2569 Aufrufe

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