Donnerstag, 28. März 2024, 19:51
 

Fakruechte

Goldene Auspuffjahre
 "Städtewohlstand dank Auspuffleistung!"

Früher gehörte Mercedes City zu den reichsten Städten in Deutschland. Die Steuerquellen sprudelten kräftig und es bestand kein Grund darüber nachzudenken, was, wäre, wenn mal die Quellkraft für Steuern schwächer werden würde! Soziale und kulturelle Einrichtungen wurden immer rasch bewilligt, errichtet und auf bestem Niveau unterhalten. Beim Bau von Sportstätten setzte man Maßstäbe, mit denen das Herz der Sportler und Sportlerinnen in ganz Germany im Sturm erobert werden konnte. Durch die Materialwahl von weißem Marmor für die Gestaltung von Zebrastreifen wurde der Stadtnamen auch für Automarkenbanausen zu einem Begriff für: 

„Städtewohlstand dank Auspuffleistung!“

 Es gab Zeiten, da träumten Stadtkämmerer landauf und landab von einer Anstellung in dieser Stadt. Der Geldsegen dieser Kommune machte den Job begehrenswert. Stress entstand nicht durch die beträchtliche Budgetverantwortung im Rathaus. Nein, lediglich durch die Wahrnehmung der überbordenden Anzahl an Einladungen zu Cocktails sowie Mittag- und Abendessen, ausgesprochen von den prosperierenden Unternehmen auf der Gemarkung der Stadt. Die Spitzenbeamten litten unter Termindruck, aber sie zeigten Präsenz und nahmen für die erzwungenen Verwöhnpausen Stress in Kauf. 

Beleidigt reagierten sie allerdings schon damals über die in den Wirtshäusern kursierende Geschichte, dass im Städtischen Krankenhaus die Herzinfarkt- und Burnout-Syndrom-Patienten in der Therapie-Phase jeweils aufgefordert worden sind: „Stellen sie sich einfach vor, sie würden eine Führungsaufgabe im Rathaus übernehmen...!“ Angeblich hat dieser „Stellenwechsel im Geiste“, den Patienten aus der Führungsetage der lokalen Autoschmiede jeweils geholfen, rascher Entspannung zu finden und Geist und Körper auf die notwendige Erholungsbereitschaft einzustellen. Mit dem Versuch diese Geschichte zu verifizieren gewinnt man auch Jahre später keine Sympathie im Rathaus. Immerhin gestehen heute die wichtigen Leute im Rathaus ein, dass sie rückblickend die wissenschaftliche Unterscheidung zwischen „positivem und negativem Stress“ sehr gut nachvollziehen können. 

Über die Entwicklung vom Kuhflecken zur Provinzstadt mit Weltruf wird in einem Bildband festgehalten:

„Die Herausforderungen der kulturellen und technischen Entwicklungen wurden immer rechtzeitig erkannt und mit Fleiß und Kreativität umgesetzt. Daraus resultiert das beständige Wachstum der Stadt.“

Eine Aussage mit Anspruch, wie sie vermutlich in Zehntausenden von Selbst-Portraits von Gemeinden zu lesen ist. Doch diese Stadt ist nicht einfach austauschbar! Sie steht selbst im arbeitswütigen Schwabenland für eine besondere Erfolgsgeschichte. Machbar wurde der Erfolg dank typisch schwäbischen Charaktereigenschaften, wie Fleiß, Eigenmotivation, Belastbarkeit, Präzision (bei Handarbeit bis auf ein Muckenseckele genau) Verlässlichkeit und die mit der Muttermilch übertragene Lust an der Arbeit; völlig unabhängig davon wie schweißtreibend die effektive Wegstrecke bis zum selbstbestimmten Ziel ist. Nicht Jammern sondern Wollen und Machen haben nach dem Krieg aus einer Trümmerstadt einen blühenden Industriestandort gemacht.

In den Jahrzehnten zwischen Ende des dritten Reiches und Ende des Jahrtausends entstand ein überdurchschnittliches Angebot an äusserst attraktiven Arbeitsplätzen bei sehr erfolgreichen und zum Teil weltbekannten Unternehmen. Ein großer Teil der Arbeitnehmer arbeitet direkt oder indirekt via Zulieferer für den Daimler. „Beim Daimler schaffen“, wird typischerweise mit viel Stolz betont und wer mit „beim Daimler“ nichts anfangen kann, wird sofort als Gesprächspartner mit Bildungsdefizit erkannt und klassifiziert. Vor Letzterem kann sich nur retten, wer rasch und glaubhaft erklären kann, dass man im Ausland vom Daimler nichts gehört hat. Dann greift schwäbische Nachsicht, weil „Ausland“ bereits auf Wohnen in München oder nördlich vom Main zutrifft. Die Bereinigung dieser Kommunikationspanne ist dann für frisch Zugereiste und Durchreisende regelmäßig mit einem Aha-Erlebnis verbunden, wenn der Arbeitgeber Kosenamen der Einheimischen mit der Marke ETM „EDEL-TEUER-MERCEDES“ ausgetauscht wird.

Von Fakruechte

Fortsetzung folgt

04.08.2009, 02:44 von Fakruechte | 940 Aufrufe

Wir über uns

Wer ist online?

Benutzer: 1
Gäste: 722

Share

Neuste Blogeinträge

Avatar
15.03.2024, 00:00
Avatar
26.02.2024, 01:01
Avatar
24.02.2024, 01:55
Avatar
24.02.2024, 00:20
Avatar
09.02.2024, 02:29
Avatar
24.12.2023, 03:22
Avatar
20.10.2023, 02:07
Avatar
15.09.2023, 00:54
Avatar
30.08.2023, 02:03
Avatar
27.08.2023, 22:19
Avatar
26.08.2023, 03:45
Avatar
11.08.2023, 01:18
Avatar
12.07.2023, 22:48
Avatar
09.07.2023, 22:41
Avatar
16.04.2023, 23:07
Avatar
21.03.2023, 02:34
Avatar
07.03.2023, 20:14
Avatar
04.03.2023, 03:40
Avatar
21.02.2023, 15:43
Avatar
19.02.2023, 21:23
Avatar
17.02.2023, 02:41
Avatar
16.02.2023, 01:58
Avatar
15.02.2023, 02:35
Avatar
15.01.2023, 20:48
Avatar
12.01.2023, 15:40
Avatar
09.12.2022, 23:01
Avatar
30.11.2022, 14:36
Avatar
12.10.2022, 02:45
Avatar
05.09.2022, 03:47
Avatar
29.08.2022, 03:33
Avatar
21.08.2022, 21:55
Avatar
17.08.2022, 22:37
Avatar
16.08.2022, 17:39
Avatar
16.07.2022, 01:12
Avatar
10.07.2022, 03:08
Avatar
28.06.2022, 01:23
Avatar
11.06.2022, 17:26
Avatar
28.05.2022, 23:27
Avatar
20.05.2022, 02:47
Avatar
22.04.2022, 00:10
Avatar
31.01.2022, 02:42
Avatar
23.01.2022, 00:57
Avatar
16.01.2022, 22:01
Avatar
29.12.2021, 02:57
Avatar
14.11.2021, 00:54
Avatar
08.11.2021, 21:08
Avatar
03.11.2021, 18:11
Avatar
27.09.2021, 00:22
Avatar
12.09.2021, 22:00
Avatar
03.08.2021, 02:59